Was denke ich über das Judentum?
Ein Kommentar von Johanna Kasten zum Thema Judentum.
Ein Jude.
Wer ist das, was ist ein Jude? Was macht ein Jude und wie sieht er aus?
Ist es nicht lächerlich, dass die Deutschen sich während des Nationalsozialismus von 1933 bis 1945 diese Fragen stellten und versuchten, das zu definieren, um zu bestimmen, was und wer ein Jude ist?
Dass heutzutage viele Menschen von einem Juden verlangen, seine Religion vorbildlich zu repräsentieren und streng orthodox auszuüben, aber sich gleichzeitig fragen: Wieso lebt er mit dem Judentum? Warum isst er kein Schweinefleisch und warum sagen manche Juden nicht offen, dass sie Juden sind?
Mich hat noch nie eine Person gefragt, weshalb ich Atheist bin und noch nie hat mich jemand deswegen diskriminiert.
Doch genauso fragt niemand in unserem Land einen Christen, aus welchem Grund er ein Kreuz an seiner Halskette trägt und von Christen wird im Gegensatz zu Juden nicht zwingend verlangt, dass sie streng orthodox leben. Sie erfahren in Deutschland aufgrund ihrer Religion keine Diskriminierung, im Gegensatz zu Juden.
Gerade in Deutschland wächst der Antisemitismus stark an. Umso wichtiger ist es, dass über dieses Thema gesprochen wird und nicht nur einmal etwas in der Zeitung von der neusten Straftat mit antisemitischem Hintergrund berichtet wird, weshalb ich es richtig finde, dass wir im Unterricht die Möglichkeit hatten, uns ausführlich damit zu beschäftigen.
Dabei bin ich zunächst mit der Erwartung an das Projekt „Jüdisches Leben in Thüringen“ gegangen, dass wir uns ähnlich wie in unserem Ethikunterricht mit der Religion auseinandersetzen werden, also strikt nur alle Festtage, die Geschichte und Bräuche, die mit dem Judentum zusammenhängen, auswendig lernen und wiederholen.
Bis zu dem Projekt verband ich mit dem Judentum mehr oder weniger „nur“ den Holocaust, da mir einfach ein anderer Blickwinkel auf dieses Thema fehlte.
Im Fernsehen sah ich Filme oder Dokumentationen über den Holocaust, doch nie etwas Derartiges über jüdisches Leben heute, weshalb ich mir über das Thema wenig Gedanken gemacht habe.
Später habe ich in der sechsten oder siebten Klasse etwas mehr über das Judentum erfahren in Bezug auf Festtage, Regeln, Synagoge, etc., jedoch konnte ich auch zu diesem Zeitpunkt nicht sonderlich viel mit den Informationen anfangen, da es sich für mich so ungreifbar angefühlt hat.
Ich kannte keine Jüdinnen und Juden, weshalb es mir damals oft gar nicht bewusst war, dass wir auch in Thüringen jüdisches Leben haben.
Ich war überrascht, dass Frau Schwarz uns nicht nur ein Lehrbuch gegeben hat, sondern mit uns ausführlich und vielfältig über das Thema diskutiert und uns zu Gesprächen mit Menschen eingeladen hat, welche im direkten Kontakt zum Judentum stehen oder diesem angehören.
Gerade diese Variante eignet sich sehr gut, um das Judentum auch mal aus einer anderen Perspektive zu sehen und es wird durch die direkten Gespräche, Erzählungen sowie die vielen neuen Eindrücke sehr interessant und spannend.
In den Videokonferenzen wurden uns sowohl von Frau Schwarz als auch von den Gästen viele rhetorische Fragen gestellt, welche dazu geführt haben, dass man sich selbst mit dem Thema beschäftigt und auseinandersetzt, indem man einfach z. B. selbst im Internet recherchiert oder mit Bekannten über das Thema diskutiert.
Zudem konnten wir zusätzlich durch die Gespräche mit den Gästen einen Bezug zwischen dem Judentum und der heutigen Zeit herstellen.
Besonders spannend fand ich zudem, dass Frau Schwarz mit uns die neue jüdische Talkshow „FreitagNacht Jews“ angesehen hat. Durch diese Sendung ist mir erstmals klar geworden, dass ein Jude nicht gleich ein Jude ist. Alle Juden sind verschieden, üben ihre Religion unterschiedlich aus und definieren sich selbst vielleicht entsprechend anders.
Und auch dass das Judentum nicht nur als Religion verstanden werden muss, sondern eher als eine Art Lebensgefühl, hat mir eine neue Sichtweise auf das gesamte Thema gegeben.
Das war für mich zunächst verwundernd, da ich sonst nur dachte, das Judentum sei eine Religion und all ihre Anhänger sind Juden, denn mehr Gedanken habe ich mir darüber nicht gemacht.
Im Laufe des Projektes ist aber auch deutlich geworden, wie schwer es teilweise für Juden und jüdische Familien ist, in Deutschland zu leben durch Vorurteile und den wachsenden Antisemitismus. So war die Zahl antisemitischer Übergriffe in Deutschland noch nie so hoch wie derzeit, wobei die Frage auftaucht, wie es überhaupt erst wieder so weit kommen konnte?
Warum ist dieser Hass auf Juden teilweise noch derart stark in der Gesellschaft vorhanden und wie kann man dagegen vorgehen?
Ich denke, dass nur eine Aufklärung, vor allem für die jüngeren Generationen, im Schulunterricht helfen würde, sodass Jugendliche, außerhalb ihres sozialen Umfelds, noch andere Eindrücke zu diesem Thema gewinnen können, um dann die Möglichkeit zu haben, sich eine eigene Meinung bilden zu können.
Allgemein würde ich sagen, dass ich dieses Projekt für mich unglaublich wichtig und gut fand, da ich so viele neue Erkenntnisse gewonnen habe und mir wirklich Gedanken darüber machen konnte, wie das Leben für einen Juden in Deutschland ist.
Daher wäre es auch wichtig, mit jedem Jahrgang in dieser Art und Weise über das Thema Judentum zu sprechen, da es mir so viel mehr geholfen hat, etwas über Juden zu lernen, als der typische Unterricht und die Texte im Lehrbuch. Ich würde sagen, dass mir das Projekt ein viel besseres Verständnis für das Judentum ermöglicht hat.