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Radierungen "Amor und Psyche"

Zum Werk

Bei "Amor und Psyche" handelt es sich um eine 10-teilige Bildreihe aus kolorierten Radierungen, welche von Nicolas Dorigny (1658-1749) geschaffen wurden und sich auf das Jahr 1693 datieren lassen. Vorbild für den französischen Künstler waren die Fresken Raffaels (1483-1520), der mit Unterstützung von Gehilfen den Mythos von Amor und Psyche, verfasst vom lateinischen Dichter Apuleius, in der Gartenloggia der Villa Farnesina in Rom an Decken und Wänden im Jahre 1511 künstlerisch umsetzte. Goethe sah diese Fresken auf eine seiner Italienreisen im Jahr 1787 und kommentierte seinen Eindruck am 16. Juli 1787 wie folgt: "[...]Dieser Saal oder vielmehr Galerie ist das Schönste, was ich von Dekoration kenne."

Die einzelnen Komponenten der Umsetzung von Dorigny wurden friesartig, d.h. als würden sie direkt auf die Wand gemalt, über den gesamten Gelben Saal des Goethehauses angebracht. Das sich dieser Bilderzyklus großer Beliebtheit erfreute, wird zum Beispiel daran ersichtlich, dass er auch im Speisezimmer des Tiefurter Schlosses angebracht wurde. Jenes wurde von Herzogin Anna Amalia als Sommerresidenz genutzt. Daher vermutet man auch, dass sie Goethe die Serie im August 1778 zum Geschenk machte und dieser so in den Besitz von "Amor und Psyche" kam.

Der Mythos "Amor und Psyche" nach Apuleius

Psyche, Tochter eines unbekannten, armen Königs, besitzt eine überragende Schönheit. Diese ist so überragend, dass die Menschen aufhören, der Liebes- und Schönheitsgöttin Venus ihre Verehrung anzugedeihen. Darüber über die Maßen erbost, befiehlt die Göttin ihrem treuen Sohn Amor, Psyche aufzusuchen und sie durch einen seiner Liebespfeile dazu zu bringen, sich in einen verachteten Mann zu verlieben, auf dass ihr Ansehen dadurch sinke und Venus wieder ihre rechtmäßige Verehrung erhalte. Derweil wird Psyche von ihrem Vater auf Anraten des Orakels von Apollon in einem Brautkleid auf eine verlassene Bergspitze geschickt, wo sie einen schrecklichen Dämon heiraten soll. Doch stattdessen nimmt sie der Herr der Winde Zephyr von Amor aus, welcher der unglaublichen Schönheit der Psyche verfallen ist, mit auf ein traumhaftes Schloss. Amor gesellt sich Nacht für Nacht zu ihr, um ihr als Liebhaber zu Diensten zu sein, doch bei Tagesanbruch zieht er sich zurück, sodass Psyche ihn noch nie gesehen und daher nicht weiß, wer er ist. Psyche plagt eine große Einsamkeit, deswegen erlaubt ihr Amor einen Besuch bei ihren Schwestern. Diese, von Eifersucht zerfressen, reden der naiven Schwester ein, sie habe sich mit einem Ungeheuer zusammengetan, dass sich aufgrund des abstoßenden Äußeren nicht zeigen wollte und vorhabe, sich die inzwischen schwangere Psyche einzuverleiben. Voller Furcht um sich und ihr Ungeborenes hört sie auf die Schwestern und erwartet den mutmaßlichen "Betrüger" des Nachts mit Öllampe und Messer. Im Schein der Lampe wird der Liebesbote enttarnt und Psyche von Liebe überwältigt. Euphorisch bemerkt sie nicht, wie ein heißer Öltropfen auf die Schultern des göttlichen Geliebten tropft, welcher daraufhin erschrocken aufwacht und flieht - die schamerfüllte Psyche zurücklassend. Venus, von Zorn erfüllt, dass ihr Sohn sie verraten und es sich angemaßt hat, mit  Psyche tatsächlich ein Kind zu zeugen, bricht sofort auf, die Verhasste zu suchen.