Goethes Brückenzimmer in seinem Weimarer Wohnhaus
Pauline, Azubi
Sportgymnasium Neubrandenburg
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Der Augenmensch und Goethe als Augenmensch

Als Augenmensch bevorzugt man das Erfassen von Themen und das Erleben von Personen, Ereignissen sowie Objekten im Original. Das heißt, dass vor allem visuelle Eindrücke einen größeren Einfluss auf die betreffenden Personen haben. Die direkte Konfrontation mit Informationen ist somit für einen Augenmenschen effektiver und angenehmer als lediglich das Erzählen von Zeugen oder das Betrachten von Bildmaterial und Text.

Goethe bezeichnete sich ebenfalls als Augenmensch. Dies wird auch in seinem Wohnhaus sichtbar. Er umgab sich bewusst mit einer großen Anzahl verschiedenartigster Kunstwerke, da er der Auffassung war, dass dauerhafte und nahe Betrachtung von z.B. antiker Kunst, wie sie im Brückenzimmer seines Wohnhauses in Weimar vorzufinden ist, der Weg zur Welterkenntnis ist.

Zudem bevorzugte er es Orte zu bereisen, um sich Kunst oder Kulturstätten anzusehen, anstatt nur durch Erzählungen und Gemälden von diesen zu erfahren. Durch diese Reisen ließ sich Goethe für die künstlerische Gestaltung und Ausschmückung seines Hauses inspirieren, weil er seine Erinnerungen festhalten wollte. Nach und nach entwickelten sich die Wände und Vitrinen zu einer Art privater Ausstellung von Reiseandenken Goethes unter seinem Dach. Wie z.B. eine Plastik der Medusa, welche für Goethe darstellte, dass alles Schöne auch eine hässliche Seite an sich hat, und die für ihn immer ein Anstoß dazu war, die Dinge genau so zu betrachten, wie sie sind und am Boden zu bleiben. Unter seinen Schätzen befinden sich sowohl Originale als auch Drucke und Nachbildungen, vor allem bekannter antiker Skulpturen und auch Gemälde des italienischen Malers Raffael.

Unter dem Aspekt des Augenmenschen erklärte Goethe auch die visuelle Wahrnehmung von Farben, seine Farbtheorie der Komplementärfarben, z.B. das Phänomen des Augengespensts und die Wirkungsweise von Farben auf unser Gemüt. Dies realisierte er auch in der farblichen Gestaltung seines Hauses.

Heute ist die Wirkung der Farben der Zimmer auf die Besucher des Goethe Wohnhauses noch spürbar. Somit wählte er z.B. für das große Esszimmer die Wandfarbe Gelb, da diese eine strahlende, heitere, muntere, sonnige und willkommen heißende Wirkung auf die Person im Raum hat.

Für mich ist Goethe für ein typischer Augenmensch. Nicht nur entspricht seine bevorzugte Form des Aufgreifens von Informationen den oben genannten Kriterien. Seine Art der Gestaltung und Umsetzung in diesem Aspekt ist heute immer noch spürbar und greifbar für Besucher seines Hauses und Betrachter seiner Werke.